Sura an-Nisa und der islamische Charakter
Im folgenden Verlauf des Textes werde ich anhand der Ayat 1-85 aus der medinensischen Sure An-Nisa einen quranischen Charakter versuschen zu definieren. Jeder Fehler und jeder Mangel kommt von mir und von Shaytan und alles Richtige und Wahre kommt von Allah swt. Möge Allah swt uns unsere Fehler und Nachlässigkeiten vergeben und uns Verständnis und Weisheit geben. Amin.
Der Quran ist das Wort von Allah swt und wir als Menschen die ihren Herrn lieben und Sein Wohlgefallen erlangen wollen, sollten das Wort nicht ,nur´ lesen, sondern auch versuchen das Herz, die Zunge, den Charakter und daraus resultierend die Taten dadurch zu reinigen und zu formen. Dieser Prozess der Reinigung und Gestaltung des eigenen Selbst kann sehr schmerzhaft und schwer sein, denn es wird eine ständige kritische Selbstreflexion und die Bereitschaft zur Veränderung erfordert.
Die Sure An-Nisa ist eine medinensiche Sure und wird zeitlich zwischen der Schlacht von Uhud und der Schlacht von Ahzab (auch als Grabenschlacht bekannt) eingeordet. Die Eroberung von Mekka ist daher einige Jahre entfernt. Die Themen sind vor allem gesellschaftlichen Ursprungs, wie Erbrecht, Umgang mit Waisenkindern und Frauen etc..
Damit ein islamischer Charakter überhaupt wachsen und erblühen kann, wird der richtige „Boden“ benötigt. Der besteht unter anderem aus Taqwa, dass sich hüten vor dem Zorn/ der Unzufriedenheit von Allah swt. Allah swt ist Ar-Raqieb, das bedeutet, Er sieht uns nicht nur, sondern Er beobachtet uns in jeder Angelegenheit, wir befinden uns in keiner Situation außerhalb der Beobachtung Allahs (Vers 1). Er swt sieht also, wenn wir Gutes tun und sei es im Verborgenen und Er swt sieht, wenn wir Schlechtes tun und sei es im Verborgenen. Man soll daher die Belohnung von Allah swt anstreben und sich vor Seiner Strafe und auch Seinen Grenzen hüten. Allahs swt Grenzen sind im Quran und durch die Sunnah des Gesandten saw für uns klar gemacht worden und diesen Grenzen sollen wir akzeptieren und achten. Jemand der Allah swt erkannt hat und Taqwa hat, dieser wird die Gesetzmäßigkeiten aus Quran und Sunnah achten und die Anteile und Vorzüge die Allah swt festgesetzt hat annehmen und dankbar sein. Der Grundzustand von Taqwa, Iman und Tauhied muss erstmal gegeben sein, damit daraus ein schöner Charakter entstehen kann. Wenn es hier schon Mängel gibt, wird der gesamte Charakter brüchig, lückig und am Ende vielleicht sogar nichtig sein. Doch was kann vor allem dazu führen, dass ein nach außen schöner und guter Charakter zusammenfällt und in Akhira einem nichts nützen wird? Das ist Shirk. Jede Sünde, außer Shirk, wird vergeben, für wen Allah swt will (Vers 48). Daher gehört auch zu einer islamischen Persönlichkeit, dass man die Reue nachdem man Shirk begannen hat, oder auch allgemein einer Sünde, nicht aufschiebt. Man sollte die Sünden so schnell wie möglich bereuen und nicht die Reue aufschieben bis man stirbt, da es einen Zeitpunkt gibt wo die Reue nicht mehr angenommen wird (Vers 18). Die Menschen, welche dann bereut haben und sich gebessert haben, dürfen nicht mehr aus der Gesellschaft ausgeschlossen oder gemieden werden. Für eine islamische Persönlichkeit bedeutet dies, dass er weder nachtragend noch voreilig im Be- und Verurteilen einer Person ist.
Des Weiteren ist es im Umgang mit Allah swt wichtig Adab zu besitzen und alles anzunehmen, denn nichts geschieht ohne den Willen Allahs. Ein schöner Charakter ist dadurch gezeichnet, dass er gute Dinge annimmt und dafür dankbar ist, und schlechte Dinge annimmt und dafür Geduld hat. Auch die zugeteilten Anteile, wie z.B im Erbrecht, werden von so einem Charakter vollkommen akzeptiert und es wird mit Dankbarkeit, für das was man bekommen hat, reagiert und nicht mit Neid und Missgunst demgegenüber, der von Allah swt vielleicht einen größeren Anteil zugesprochen hat (Vers 32, Vers 7). Die Empathie und die Weitsicht reicht davon, dass man nicht so wenig hinterlassen soll, das man sich um die Hinterbliebenden fürchten würde bis zu dem guten Umgang und das Geben an die Personen (Verwandte, Arme oder Waisen) die bei der Erbverteilung anwesend sind und keinen Anteil erhalten (Vers 8 – 9). Wenn wir uns bewusst werden welche Position wir haben und welche Position Allah swt hat und dass Allah swt die Gnaden verteilt, dann wird Neid, Hochmut und Missgunst aus unseren Herzen verschwinden und Dankbarkeit, Zufriedenheit und Vertrauen wird einkehren.
Außerdem wird ein islamischer Charakter keiner sein, der sich tyrannisch gegenüber dem verhält, der schwächer ist. Schwächere Mitglieder einer Gesellschaft können z.B Waisen oder Frauen sein. Im Umgang mit diesen zeigt sich am meisten wie gerecht oder wie ungerecht eine Person ist. Zwei Punkte, die hier sehr wichtig sind, sind die Morgengabe (mahr) der Frau und der Besitz des Waisenkindes (Vers 2, Vers 10, Vers 4, Vers 19-20). Das bedeutet, man soll neben einem guten und rechtmäßigen Umgang auch den Besitz der schwächeren Mitglieder einer Gesellschaft pflegen und behüten. Tricks oder Umwege um an den Besitz dieser Personengruppen zu kommen ist verboten (Vers 6). Wer reich ist und genügend Geld für den Unterhalt des Waisenkindes verfügt, soll sich enthalten und wer arm ist, soll von dem Besitz nur so viel nehmen, wie benötigt wird um das Waisenkind zu versorgen (Vers 6). Ein islamischer Charakter ist also auch jemand, dem man vertrauen kann, bei dem man kein Unrecht befürchtet und der seinen Verpflichtungen, in jeder Ebene der Gesellschaft, nachkommt. Er händigt anvertraute Güter wieder aus und nimmt den Besitz anderer nicht auf nichtige Weise, sondern nur im gegenseitigen Einvernehmen, das heißt so ein Handel bei dem beide Parteien (Käufer und Verkäufer) zufrieden sind ( nichtiges: alles was von Shariah verboten ist, z.B Diebstahl) (Vers 29, Vers 58).
Daneben ist ein schöner Charakter jemand der nicht geizig ist, weder im Geben von der Zakat, noch im Teilen von Wissen, noch im Sprechen eines guten Wortes (Vers 37). Wenn er gibt, soll er nicht für die Augen der Menschen geben, sondern einzig und allein für Allah swt. Es ist wichtig Gutes zu tun UND Gutes zu wollen (gute Niyya) (Vers 38).
Im Umgang mit der Ehefrau gilt es besonders einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht aus einer Emotion heraus zu handeln ohne nachgedacht zu haben. Wenn man von der Frau Ungehorsam, Wiedersetzlichkeit (nuschus) wahrnimmt, dann gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, die nacheinander angewendet werden und immer mit dem Ziel der Besserung, Versöhnung und Schadensbegrenzung durchgeführt werden (Vers 34-35). Jede Situation bedarf einer anderen Lösung und der Quran bietet immer nach Sitaution den richtigen Weg. Die Frau hat ihren Wirkungsbereich und der Mann hat seinen Wirkungsbereich, beide haben von Allah swt unterschiedliche Vorzüge und Eigenschaften bekommen und dementsprechend auch Rechte und Pflichten. Es ist wichtig das Mann und Frau Allah swt fürchten und in der Beziehung miteinander ihren Verantwortungen nachkommen.
Dasselbe gilt im Kontakt zu Feinden. Diese Feinde können jeglicher Art sein, unter anderem Munafiqien. Man soll auf ihre Anfeindungen oder falschen Handlungen/Aussagen mit Ermahnung, einem guten Wort und letztendlich mit Abwendung (lasst sie, redet nicht über sie) und Tawakkul antworten. (Vers 63) Die Gläubigen im Gegensatz soll man anspornen, im Kampf sowie auch im Begehen von Gutem (Vers 84). Der Prophet saw erinnerte die Sahaba sehr häufig an die Belohnung Allahs swt, die auf sie wartet, um sie dadurch noch mehr zu motivieren.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ein islamischer Charakter ein starkes Gerechtigkeitsbewusstsein hat und neben den Rechten von Allah swt auch die Rechte der Menschen bewahrt. So jemand ist keine launische Person, sondern seine Handlungen und sein Verhalten im Streit, mit Feinden und mit Schwächeren ist immer sehr gut durchdacht und von Barmherzigkeit, Empathie und Weitsicht geprägt. Er würde niemals die Stellung die Allah swt ihm gegeben hat ausnutzen, sei es als jemand der ein Waisenkind aufnimmt als Ehemann/Ehefrau oder als Befehlshaber, Richter. Das gesamte Leben einer solchen Person ist vor allem durch Ibadah, Ihsan und Taqwa gezeichnet. Er wird immer für das Gute einstehen und niemals für etwas von der Dunya auf der Seite des Falschen und Schlechten stehen (Vers 85).
Alle Lobpreisung ist für Allah, dem Herrn der Welten. Glorreich seist Du, unser Herr und alle Preisung und Dank ist Deiner. Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Dir und dass Muhammad saw Dein Diener und Gesandter ist. Und ich erflehe Deine Vergebung und ich wende mich zu Dir in tiefster Reue. (Franziska)