Quran in Zeiten der Dunkelheit
In einem Hadith hat unser Prophet ﷺ die Fitnah als eine dunkle Nacht beschrieben, die über uns hereinbrechen wird. Dagegen wird die Rechtleitung unter anderem als Licht bezeichnet. Wenn nun dieses um dich herum erlischt und sich dich Finsternis ausbreitet, verschwinden die Konturen des Weges, der Pfad jener, die im Lichte wandelten, allen voran der der Propheten und Rechtgeleiteten. Auch die Sterne am Himmel, an denen sich man orientieren konnte, sind nicht mehr zu sehen oder flackern nur so schwach, dass sie als Wegweiser kaum zu erkennen sind und man sehr leicht irrtümlich den falschen Weg einschlagen könnte. Und einst verglich der Gesandte Allahs ﷺ die Ahlul-Ilm, die Träger des Wissens, als eben jene Leuchten am Himmel. Es sind nicht nur die Wolken, die uns die Sterne nicht sehen lassen. Manche Sterne erlischen einfach, sterben.
Ein anderer Grund ist neuartig, den es vermutlich nur in unserer Epoche gibt. Das künstliche Licht auf der Erde entzieht den Sternen ihre Leuchtkraft, auch Lichtsmog genannt. In Bezug auf das Wissen, lässt diese Metapher viel Raum für Interpretationen zu, dennoch würde ich gerne eine herausgreifen. Mögen wir noch so entwickelt sein und wissentlich oder unwissentlich Allahs Schöpfung trotzen, am Ende wird uns allein die technologische Errungenschaft, oder was andere als Spitze der Zivilisation bezeichnen würden, doch nicht den richtigen Weg weisen. Sie mag letztlich sogar unsere Verwirrung in nie dagewesener Weise potenzieren. Denn dieses Licht dient keinem anderen Zweck als lediglich das hier und jetzt zu erhellen und ihre Kraft ist so stark, dass sie uns im wahrsten Sinnes des Wortes blendet. Und wahrlich, gibt es eine größere Fitnah bzw. Verwirrung, als die, wenn das hellste Licht dunkelste Dunkelheit ist.
Was also tun, wenn die Finsternis über einen hereinbricht? Jedem Glied aus der Ummah von Muhammed ﷺ wurde etwas mitgegeben, was die anderen sich besonders in diesen Zeiten, es mit sich tragen zu dürfen, nur wünschen würden. Es ist der Kompass, der einen durch die Finsternisse navigiert. Ein Werkzeug, das unabhängig von Zeit, Ort oder Witterung immer den richtigen Weg vorgibt. Gewichtig in der Bedeutung und Nutzen und doch leicht zu bedienen. Allerdings nur dann leicht, wenn man es zuvor gelernt hat, es zu bedienen. Wer sich zuvor nie damit beschäftigt und somit sein Prinzip nicht verstandet hat, dem wird es nicht nützen. Es mag sogar solche geben, die es ständig mit sich tragen, es auf irgendeine Weise als sehr wertvoll erachten, es Tag und Nacht immer wieder hervorholen, um sich an seinem goldenfarbenem Glanz zu erfreuen, aber nicht einmal wissen, dass es darüber hinaus einen viel höheren Nutzen hat, geschweige denn, dass es der Retter in finsteren Zeiten ist. Für die einen ist es hübsches Stück Metall, für die anderen ein (über)lebenswichtiges Gerät.
Für die einen ist es Allahs Schrift, für die anderen ist es Allahs Licht. Das Sonnenlicht ist nicht weniger essentiell zum Überleben als die Luft die wir atmen. Neben der Tatsache, dass es das organische Überleben erst möglich macht, lässt es uns auch sehen.
Eins jedoch kann das Sonnenlicht nicht; unsere Herzen erleuchten. Was Allah im Quran als Basira bezeichnet: Die Fähigkeit mit dem Herzen zu sehen. Alles um uns herum und auch uns selber nicht nur zu sehen, sondern zu begreifen und zu verstehen. Jene, die nicht an den Quran glauben, erheben ebenso den Anspruch die Welt begreifen und verstehen zu können. Aber macht es nicht ein Unterschied, ob diese Erkenntnisse aus Köpfen entsprungen sind, die leugnen, dass sie selber ein Teil der Schöpfung sind, die sie versuchen zu verstehen oder ob man die Erkenntnisse direkt aus den Worten des Schöpfers entnimmt? Ohne Zweifel, es ist ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht, Licht und Dunkelheit. Sie sehen nur mit den Augen, doch ihre Herzen sind tot, finster und diese Finsternis verbreiten sie um sich herum, indem sie sie als Wahrheit propagieren. Sie behaupten, die Gipfel der Moral und der Zivilisation erklommen zu haben, doch für jenen, der wahrhaftig Moral in sich trägt, sind dunkle Zeiten angebrochen. Sie behaupten, Gutes zu tun, wie Allah im Quran erwähnt, dabei sind sie wahrlich die Frevler, die Übertreter.
In Zeiten der Fitnah bzw. Dunkelheit, sind die Augen ein nahezu nutzloses Organ, vielmehr können Konturen in der Finsternis trügerische Schlösser sein. Allein das Herz vermag in der Dunkelheit die Wahrheit zu erkennen, doch ohne Allahs Erleuchtung bzw. Seinem Wort, bleibt es eine blinde Masse. Die Augen aller Menschen, der Gläubigen und der Ungläubigen werden sehen und bezeugen, dass Dajjal – der Lügen-Messias – Wasser und Feuer hervorholt. Doch nur die sehenden Herzen, werden erkennen, dass sein Wasser Feuer und sein Feuer Wasser ist. Kein Auge, Verstand, Intelligenz oder Ideologie wird die Wahrheit sehen, außer dem lebendigen, von Allah erleuchtetem Herzen. Wer dies nun als einen Aufruf verstanden hat, unsere Sinnesorgane, unsere Intelligenz und den gesunden Menschenverstand bei der Wahrheitsfindung auszuschließen, für den ist das Pferd mit und ohne Reiter gleich. Alleine jedoch kommt keiner an das erwünschte Ziel. Der eine irrt ohne Führung umher und der andere kommt nicht weit. Wir als Muslime sollten es besser wissen und verstehen, dass Allah nichts ohne einen Sinn erschaffen hat und alles womit der Schöper seine Geschöpfe ausgestattet hat, primär ein Mittel sind, Ihn zu erkennen und Ihm zu dienen, wie es allein Ihm gebührt. Die Mittel sind eine Gnade Allahs und jeder, der sie weder annimmt noch nützt oder gar leugnet, hat Allah Unrecht getan und vor allem sich selbst. Und dies ist der mittlere, der gerade Weg, der Weg aller Gesandten (a.s) und Rechtgeleiteten, und wer nicht den selben einschlägt, wird ohne Zweifel irre gehen.
Aber leben wir schon in Zeiten der Fitnah? Um einem Körper eine bestimmte Krankheit zuordnen zu können, folgt man den Symptomen. Je mehr von diesen spezifisch vorhanden sind, um so eher kann man zu der entsprechenden Diagnose kommen. Tatsache ist, dass bereits die Gefährten des Propheten ﷺ in ihrer Zeit nach dem Dajjal Ausschau hielten, in dem Maße, dass sie sogar einen Bewohner Medinas, als diesen vermuteten, den selbst der Gesandte Allahs ﷺ zur Probe stellte und nicht sicher war, ob er tatsächlich der Falsche Messias sei. Tatsache ist auch, dass seit jener Zeit viele kleine Dajjals bereits erschienen sind und mit ihnen ihre Gefolgschaft. So möge sich jeder selber Fragen, ob wir in einer Zeit der Fitnah von Dajjal bereits leben oder nicht. Auch wenn es nur bedeuten würde, dass seine Strukturen, oder Folger bereits gegenwärtig sind.
Ob wir in dunklen Zeiten leben oder nicht, das Gebot jeder Stunde muss es sein, die Welt durch den Quran zu beurteilen oder eben anders ausgedrückt, mit der Sicht des Herzens zu sehen. Alles andere wird den Menschen überall hinführen, nur nicht auf den richtigen Weg. Und wir leben in einer Zeit, in denen Nachrichten und Informationen scheinbar der Herzschlag dieser Erde geworden sind, und ein kleiner Rhythmuswechsel in einem Augenblick die ganz Welt auf den Kopf stellen kann und wir selber nicht mehr wissen, wo oben und unten, was Feuer und was Wasser ist. Und weil eben Nachrichten, Statistiken, Informationen, wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen die Welt essentiell beeinflussen, würde ich jedem ans Herz legen, vor allem die Surah Hugurat noch einmal aufzuschlagen, in der Allah die Gläubigen anordnet, eine Nachricht, die von einem Faasiq, einem Unrechthandelndem kommt, auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen, um später ihre Taten nicht bereuen zu müssen. Die Frage stellt sich nun hier, wer denn ein Faasiq sei. Im Gegensatz zum Munafiq, dessen Worte und sein offenes Handeln im Einklang miteinander stehen, ist ein Faasiq leicht zu erkennen. Schaut nur auf seine Taten, und gebt seinen Worten kein Gewicht. Sie sind jenen gleich, von den Allah sagt, dass sie behaupten Gutes auf der Welt zu tun, sie aber jedoch wahrlich die Frevler sind. Jener, der sich als ein Träger des Quran bezeichnet, sollte sich niemals erlauben, von einem Frevler getäuscht zu werden. Und Allah möge uns alle davor beschützen und uns mit Hilfe seines Lichtes durch gute und schlechte Zeiten leiten. Ameen.